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Professor Marston & The Wonder Women - Männliche Männer, frauliche Frauen

Der Film naturalisiert die polyamore Beziehung Marstons mit seinen Frauen und setzt dem die versteifte Gesellschaft des frühen 20. Jahrhunderts antagonistisch gegenüber. Luke Evans spielt Marston als triebgesteuerten (weil die Natur das so vorsieht) aber unschuldig-ehrlichen Mann. Er ist der Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Der Schöpfer und Initiator. Seine Frauen, so sehr sie auch auf ein verklärendes Podest gehoben werden, sind nur halbe Wesen. Zusammen ergeben sie Marstons Ansicht nach die perfekte Frau.

Hinter dem Deckmantel der momentan sensiblen Themen Polyamorie und BDSM versteckt sich der Film und begibt sich auf sicherstes Terrain, wenn die Dreierbeziehung von allen aus tiefstem Herzen gewollt dargestellt wird und die Bondage- und Unterwerfungspraktiken auf beiderlei oder hier dreierlei Einverständnis beruhen. Hinter diesem Konflikt mit und Kampf gegen die verhärteten Urteile der Gesellschaft, der sich schnell ausreizt und langweilig wird, hat der Film allerdings nichts zu bieten, außer eine subtile Form des Sexismus, die gerade deshalb so unbequem daherkommt, weil sie sich hinter den verurteilten gesellschaftlich Ausgestoßenen als Sympathieträger versteckt.

Der Lügendetektor ist die Erfindung, der die verstockten Regeln der Gesellschaft zu brechen weiß, denn er zeigt die Wahrheit an. Er öffnet die Tür für ein wahrhaftiges Zusammenleben. So jedenfalls die Message des Films. Der radikale Positivismus und Biologismus, der dem zugrunde liegt durchzeiht auch die gesamte restliche Rhetorik des Films. Es reicht schon die einfache Vorstellung, der Film würde genau in der Konstellation mit ausgetauschten Geschlechterrollen gedreht worden sein. Abgesehen davon, dass der er dann anachronistisch sei, wäre er vermutlich für die meisten schwer anzuschauen. An jedem Handlungspunkt des Films steht die Allgewalt Marstons. Die eine Frau ist sein widerwilliges Objekt und die andere der unschuldige Gegenstand seines Begehrens. Selbst in der Unterwerfung gibt er den Ton an. Man hat das Gefühl, dass der Film in seiner naiv-dämlichen Weise gar nicht bemerkt, dass er unverstellte Aussagen über die passive Natur der Frau und die aktive des Mannes trifft. Wenn das dann gepaart mit pseudointellektuellen psychologischen Halbwahrheiten vermengt wird, schmerzt einen das Zusehen.

Das Schlimmste ist allerdings, dass der Film so glatt daherkommt, so ausgeglichen und scheinbar wertfrei inszeniert, aber in seinem Drehbuch und seiner Regiearbeit zutiefst antifeministisch ist. Der Film ruft hinter seiner glatten Oberfläche in dogmatisch krächzendem Ton: „Was soll die Verstellung? Das ist die Natur des Mannes und das die Natur der Frau. Seid, was ihr seid!“ – An genau der Stelle hört aber auch jedes Hinterfragen auf (der Lügendetektor bezeugt ja schließlich die endgültige Wahrheit) und Frauen dürften jetzt ausbrechen und wahrhaftige frauliche Frauen sein und Männer endlich wieder männliche Männer und zwar mit gutem Gewissen…